Dienstag, 19. Juni 2012

Skata Ade

Gestern habe ich mich dazu durchgerungen Skata in eine Auffangstation zur Auswilderung zu geben.

Aber jetzt mal zur ganzen Geschichte. Eigentlich wollte ich ja hier viel mehr schreiben, habe es dann aber gelassen, da ich von einigen Stellen her gehörig verunsichert wurde. Jetzt ist alles eh entschieden und daher hole ich das nun nach.

Zunächst, der kleine Vogel hat sich sehr gut entwickelt. Sie hat immer mehr Federn bekommen bis schlussendlich ihre Schwanzfedern nur noch immer länger werden. Jetzt sieht sie schon wie eine fast fertige Elster aus.

Beim Umzug ins neue Haus war sie als erstes mit dabei und hat sehr schnell den Dachboden bezogen. Als einzigen Raum mit Laminat bot der sich an. Ausserdem war es ruhig und sie hatte ihren Platz für sich.

Mit der Zeit wurde sie immer lebhafter, flatterte viel und genoss es draussen herum zu hüpfen. Dabei musste ich sehr aufpassen, da die 2 Katzen auf dem Gelände sofort in Jagdtmodus gingen wenn sie sie sahen und der Hund Pollo sie als Spielzeug missverstand.
Einmal fand ich sie im Gras und wunderte mich sehr über ihre Körperhaltung. "Ist der Vogel krank?", "Ist sie vielleicht sogar tot?". Sie lag mit abgespreitzen Flügeln, den Kopf im Nacken und offenem Schnabel flach auf dem Boden. Nein, die Antwort, dem Vogel ist heiß und er sonnt sich. Meist hab ich ihr wenn ich sie so sah dann eine Schale mit Wasser hin gestellt und sofort wurde gebadet. Interessant ist, das wie auch Hunde, nasse Vögel ganz anders, vor allem intensiver, riechen.

Nachdem mein Urlaub dann vorbei war war die Frage was ich mit Skata tun sollte, sie musste immer noch alle 2 Stunden gefüttert werden. Am Montag sprang Nicky ein glück ein. Allerdings fraß Skata bei ihr nicht so gut und so begrüßte mich eine total ausgehungerte Jungelster. Sie flog ihr erstes stück und landete am Lampenkabel. Von da aus ging es weiter, die Landung auf meiner Schulter missglückte, da sie ca. 10cm zu weit rechts war und mein Gesicht traf.
Noch am gleichen Abend beschlossen wir ihr den Balkon zur Volaire um zu bauen. Ausserdem hatte ich mit meinen Kollegen die keinen Urlaub hatten gesprochen und sie hatten nichts dagegen wenn ich Skata am nächsten Tag mit brächte.

So kam es das der Vogel nun 2 Tage im Büro verbrachte. Selbst der Weg vom Auto zur Arbeit rein erregte viel aufsehen, musste ich ja immerhin einmal an einer Kita vorbei. Auf der Arbeit dann kamen viele Kollegen zu besuch um sich unseren Bodenhüpfer an zu sehen. Von Tag zu Tag wurde sie mutiger und eroberte schließlich auch den Schrank und die Lampe für sich. Ausserdem hat sie ein Talent für Photoshop. Sie schafft es irgendwie immer wenn sie gen Tastatur pickt meine Pinseldeckkraft zu verstellen.
2 Tage, als es schien sie picke allein, ließ ich sie zuhause. Doch dabei verlor sie so stark an Gewicht das sie am Montag wieder mit auf der Arbeit war.

Am Wochenende dazwischen hat sie Kinderbekanntschaft gemacht. Wir hatten Sofia und Luise und auch Lucius zu besuch. Im Haus blieb sie nicht mehr in dem Raum in dem ich war. Sie suchte sich schon ihre Lieblingsplätze und flog und hüpfte nun die Treppe selbständig rauf und runter. Eine Vorliebe hat sie dabei aber nicht vergessen: Jörns Füße!
Ging er vorbei war alles andere vergessen. Jörns Sohlen zu bepicken, auf seinem Hausschuh zu reiten oder an seinen Socken zu zubbeln ist das Größte. Ab und an saß sie auch gerne auf seinem Bauch und kuschelte sich da beim Fernsehen hin.

Dennoch war es auch immer anstrengend mit ihr. Ständig füttern, ständig Futter schnibbeln und vor allem Küchenkrepp bereit halten und nen Schwamm um die Hinterlassenschaften zu beseitigen.

Am Montag dann waren andere Kollegen aus dem Urlaub zurück oder mal wieder bei uns im Büro und weniger begeistert. Skata war immer weniger kontrollierbar und wie ich am Wochenende bemerkt hatte fühlte sie sich draussen immer wohler. Das wollte ich ihr nicht nehmen und im Büro kann ich es ihr nicht geben und so gern ich sie beim neuen Haus so raus ließe geht das wegen der Katzen nicht.

Das Rabenforum hatte mich sehr verunsichert und abgeschreckt. Dort reingelesen, hatte ich den Eindruck gleich alles falsch gemacht zu haben und für den Vogel wäre eh alles zu spät. Ich wäre ein Tierquäler der es ja nur genieße ein bewegliches Kuscheltier zu haben und ähnliches. Ich wäre Ahnungslos und ... und ... und...
Dennoch hatte ich hier eine präziese Ansprech-Adresse in Berlin erhalten und war bereit dem eine Chance zu geben.
Dort bekam ich direkten Kontakt zu einer Dame die sich schon seit Jahren um Rabenvögel kümmert und sie auswildert. Die Telefonate mit ihr waren sehr aufschlussreich und sagten für Skata sei es keinesfalls zu spät. Sie schilderte mir was es brauche und wie sie sie auswildern würde.
Leider sah ich mich  nicht selbst in der Lage das zu tun, da ich eben regelmässig zur Arbeit müsse und das Büroumfeld kein Ort zum Auswildern ist. Ein Teil von mir fühlt sich als Versager, da ich sie nicht selbst bis zur Freiheit begleiten kann. Ein anderer Teil ist stolz auf sich das ich loslassen kann und ein dritter fühlt sich sogar etwas befreit da ich nun wieder Zeit für Bastelprojekte habe.
Ich beruhige mich indem ich mir sage das ich das Richtige tue und werde dahingehend auch von allen Seiten bestätigt. Die Frau, die Skata übernimmt macht das Ehrenamtlich. Selbstverständlich bekommt sie alles Futter das ich noch habe von mir, die Näpfe u.ä. und ich will auch zusehen wie es mit einer Spendenmöglichkeit aussieht.

Nun aber noch zu einer "Büroanekdote" vom Montag:
Skata war im Büro und jemand in ungefähr der Position eines Abteilungsleiters drückte sein Missfallen aus. Das in Kombination mit dem Vorsatz sie ab zu geben machte mich ziemlich fertig so das ich meine Gleitzeit nutze und früh Feierabend machte. Skata hatte aber andere Pläne.
Auf dem Weg zum Auto hatte sie bisher immer sehr lieb auf meinem Arm oder Schulter gesessen. Jetzt bemerkte sie wohl meine Anspannung und probierte mal ihre Flugfähigkeiten aus. Sie schaffte es bis in den ersten Stock auf die Fensterbank unseres kleinen Konferenzraumes in dem auch promt ein Meeting statt fand.
Ich lockte, zwecklos. Es waren ja Leute da die sie sehen konnte. Ausserdem hatte sie eindeutig Angst sich todesmutig in die Tiefe zu stürzen. Und sie war frisch gefüttert, bis Hunger sie also zu mir trieb würde noch einige Zeit vergehen. Ich wartete knapp eine Stunde bis sich ein Kollege am Fenster zeigte und offensichtlich verwundert über das da sitzende, gar nicht ängstliche, Tier war. Wo das Meeting also schon gestört war und der Vogel warscheinlich noch länger für Verwunderung sorgen würde ging ich hoch und nahm sie an mich. Natürlich war da mal wieder kein einfaches Meeting. Nein, da saßen mein Geschäftsführer, mein Abteilungsleiter, der vorhin erwähnte Kollege und ein weiterer. Ihre amüsierten Mienen jedoch milderten den missbilligenden Blick vorher ziemlich ab. Sie hatten sich schon gefragt ob das ein Spionagevogel der Konkurrenz wäre. Mit der guten Nachricht das sie ausgewildert würde fand dieses Intermezzo seinen Abschluss.

Nun mache ich heute noch fleissig Erinnerungsfotos von ihr und auch einige Videos. Was die Kamerabatterie eben so her gibt. Fotos der letzten Zeit findet ihr auf jeden Fall schon mal hier:



Ich werd den kleinen Fratz schrecklich vermissen.

1 Kommentar:

Leo und Tanja hat gesagt…

Das kommt mir alles furchtbar bekannt vor. Vom ständigen Füttern übers Dreck wegmachen bis zum Loslassen. Werde unsere Tagesmutter ab sofort nur noch 'Auswilderungsstation' nennen. Viel Glück für die kleine Elster und seid nicht zu traurig! Ihr habt das Richtige getan!
Tanja