Mein Kind lässt mich auch nichts planen...
Mittwoch hatte ich mich an einen nicht so schönen Gedanken zu gewöhnen. Mein Frauenarzt hatte mich ins St. Joseph zur Risikosprechstunde geschickt und dabei auch gleich meine Anmeldung zur Geburt ein paar Wochen vor verlegt. Die Diagnose, Hagen (ja, es wird ein Junge und so soll er heißen), wird groß, sehr groß. Auf den Papieren sah ich eine Femurlänge von 71mm und ein geschätztes Gewicht von 3195g. Und das nach erst 33 Wochen und 2 Tagen. Die Ärztin machte sich Sorgen er könne bei der Geburt zwar mit dem Kopf passen, jedoch mit den Schultern hängen bleiben. Das hinge ganz von seiner Lage ab, die nicht vorhergesehen werden kann. Daher haben Krankenhäuser eine Tabelle mit Werten, die sich aus Kindergröße, Elterngröße, Kindesalter u.s.w. erstellt. Ergibt sich dabei ein Wert über 90 wird ein Kaiserschnitt dringend empfohlen. Würde auf Wunsch der Eltern doch eine Natürliche Geburt folgen, das Kind bleibt stecken und erleidet eine Sauerstoffunterversorgung, hätten die Eltern das Risiko zu verantworten. Hagen war bei über 95.
Etwas geknickt machte ich mich auf den Heimweg und begann mich mit dem Gedanken eines geplanten Kaiserschnitts anzufreumden. Ist der 30. Oktober nicht ein gutes Datum? Wird der Arzt was definieren?
Nun ja, am Mittwoch kommen erst einmal meine Eltern vorbei, wir bestellen einen Innenarchitekten für Vorhänge, werkeln und packen die Krankenhaustasche.
Donnerstag haben wir das Gardinenstudio in Angriff genommen und tolle Proben mitbekommen um vor Ort zu gucken. Aber der Tag, obwohl wir im Grunde nur noch essen waren, war anstrengend. Der Kleine bohrte sich so tief ins Becken das ich nur watschelte. Passte aber zum gemütlichen Tag. Viel essen ließ er mich aber auch nicht, bohrte die Füße in meinen Magen und brachte mir solche Übelkeit und SodbrUennen, dass mein Abendessen aus 4 kleinen Stückchen getrockneter Mango mit wenigen Schlucke Wasser und Riopan Magengel bestand.
Freitag hatten wir ruhiger geplant, eben die Sachen im Haus machen und Familienzeit verbringen.
Hagen hatte aber wieder etwas andere Pläne, die hier einspringen.
Freitag, 5 Uhr morgens
Mit einem Schlag bin ich wach. Ich bin genervt, meine Hose ist nass. Das hatte ich schon häufiger, gerade als es so heiß war. Ich taste, das Bett ist auch ein wenig nass. Ich stehe auf, Licht im Flur und erst mal zur Toilette wo Binden, Klopapier u.s.w. sind helfen die Lage zu klären. An der Schlafzimmertür bleibe aber schon stehen. Mir läuft klare Flüssigkeit die Beine herunter. Ich denke, muss ich pinkeln?, nein! Blut ist es nicht... ich warte wie im Hollywoodfilm auf einen großen Platsch, der alles eindeutig macht. Der bleibt aus, doch das es mittlerweile eine Pfütze um meine Füße bildet reicht mir.
"Jörn, wach auf, ich laufe aus. Wir sollten ins Krankenhaus."
Aus den Kissen brummelt es: "Ruf erst mal die Hebamme an."
Ich lege mich trocken, tätige den Anruf und bekomme doch tatsächlich die Ansage, ja, das ist ein Blasensprung! Ich soll mich auf die Seite legen, nicht zu viel laufen und machen das ich in Ruhe ins Krankenhaus fahre.
Ich folge der Anweisung. Jörn und Ute packen die Taschen. Ich schicke sie nach Elterngeldpapieren und mein armer Mann muss sich durch meinen Schrank wühlen den ich ja eigentlich am Folgetag aufräumen wollte. Meine Ma macht noch Rührei für die Männer. Ich kriege sicherheitshalber nichts, wer weiß was an Medikamenten kommen wird.
Geistesgegenwärtig fällt jemandem noch ein doch einfach mal vorher im Kreißsaal des St. Joseph an zu rufen, damit sie wissen das wir kommen. Die Idee war gut, denn sie bitten uns: Fahrt ins Vivantes Klinikum Neukölln, wir sind überfüllt und müssen die Kreißäle schließen.
Jessica sucht uns Online Adresse und Nummer raus. Eine 'Odyssee' ins Unbekannte beginnt. Auch wenn wir zuerst die Klinik für eine andere hielten finden wir sie. Leider den falschen Eingang, beim Haupteingang, nicht dem Murter Kind Haus. Egal, wir sind erstmal da. Der Besucherparkplatz muss reichen, wir werden uns durchfragen.
Ich wanke noch langsamer als am Vortag. Am Info-Schalter verzagt langsam aber sicher mein Kreislauf, ich beginne zu zittern und erlebe erstmals wie Jörn kurz davor ist jemanden um zu bringen. Typisch Norddeutsch bleibt er aber wie ein agressiver Hund gefährlich leise und höflich. Erst wird noch mit dem Arzt geklönt, dann geht das Telefon vor, während ich mich am Tresen auffange. Als sie anfängt uns einen Weg der nach draußen führt zu beschreiben unterbricht mein Mann und fragt nach einem Rollstuhl. Mit pampiger Berliner Schnauze antwortet die Frau als wolle er eh keinen wenn er jetzt ein Pfand hinterlassen müsse. Er knallt seinen Perso auf den Tresen und sie muss sich tatsächlich hinter ihrem Tisch hervor bewegen und den halbaufgepumten Rollstuhl los zu schließen in dem ich mich gleich frage ob mir nicht noch schwindeliger geworden ist.
Wir düsen diagonal übers Gelände. Die Strecke hätte ich definitiv nicht zu Fuß geschafft. Nach zweimaligem verlaufen finden wir die richtige Ansprechstation im Mutter Kind Haus. (Für alle die es anfahren wollen, gebt nicht Kormoranweg ein sondern lieber Kolibristraße 1, das ist genauer.)
Ich komme ans Sonar, Babyherztöne und Wehen messen. Ich kriege einen Zugang und es ist klar, ich werde bleiben. Auf die Ärztin müssen wir noch etwas warten, ich schlafe auf der Bank an Jörns Schulter. Er beantwortet damit auch gleich die erste Frage als sie auftaucht, ich schlafe, ich rede noch, nein, ich habe keine Wehen.
Ich kriege ein Einzelzimmer und mein wunderbarer Mann organisiert mir auch noch ein Frühstück mit Käse und frischen Tomaten.
Was nun passiert sickert erst in den nächsten paar Stunden bei mir durch. Ich kriege Lungenentwicklungsmedikamente, Antibiotika und Wehenhemmer. Ich bin bei 33 Wochen und 5 Tagen. Die Gesetzgrenze, dass wenn es noch schaffbar ist, 34-0 zu erreichen verschafft mir die nun folgenden ruhigen Tage. Spätestens Montag wird eingeleitet. Abhängig wie ich auf die Medikamente anspringekommt unser Kleiner Anfang der nächsten Woche auf die Welt. Kleiner, wie er jetzt noch ist, wohl natürlich, wenn nichts anderes dazwischen kommt. Wir werdens sehen.
Das ist der Grund warum meine Eltern mit Amy zum Fädenziehen beim Tierarzt waren. (Allen geht's gut. ;) )
Das ist der Grund warum meine Schwester und ihr Mann ihre geplante Tour nach Köln auf Neukölln änderten.
Das ist der Grund warum es nun doch leider kein Serenity Babybauchfotoshooting gibt.
Und... das ist der Grund warum sich in den nächsten Tagen ein paar Teeminpläne ändern werden.
An alle, sorgt euch nicht! 34. Woche ist zwar ein Frühchen, doch kein Besorgniserregend frühes. Wir sind zuversichtlich.
Bis bald, wenn ich die passende Ruhe zum schreiben hab schreibe ich euch. Fühlt euch gedrückt.